Malyun Ahmed Dhore
35 Jahre, Gera

In Somalia hatte ich keine Möglichkeit, einen Beruf zu lernen und hatte dort keine Perspektive für meine Zukunft. Jetzt habe ich mit der Arbeit in der Pflege wieder Hoffnung für mein zukünftiges Leben gefunden.

Gespräch mit Malyun Ahmed Dhore

Pflege als berufliche Perspektive

Frau Malyun Ahmed Dhore lebt seit etwa 3 Jahren in Gera. Vor Ihrer Teilnahme im LAT-Projekt hat sie einen Deutschkurs absolviert und diesen mit B1 abgeschlossen. Auf das Projekt „Wege in die Pflege“ ist sie durch die Integrationsbeauftragte der Stadt Frau Landmann aufmerksam geworden. „Ich bin der festen Überzeugung, dass pflegebedürftige Menschen gute Hilfe benötigen, wenn sie alt oder krank sind. Da möchte ich gern etwas beitragen. Ich habe in Somalia meine Großmutter gepflegt. Diese Erfahrung kann ich heute in die Praxis einbringen.“

Die Teilnahme am Kurs „Wege in die Pflege“ bei IBS in Erfurt war für Frau Ahmed Dhore ein ganz wichtiger Schritt ins Berufsleben. Was sie hier gelernt hat, hilft ihr heute bei der praktischen Arbeit in der Pflege. „Ich habe im Kurs sehr viele Fachwörter gelernt und mein Deutsch verbessert. Und ich hatte immer eine tolle Unterstützung und Begleitung durch die Projektmitarbeitenden.“ Die Teilnehmenden im Kurs sind in der Regel sehr divers. Sie kommen aus verschiedenen Ländern, haben unterschiedliche Lernerfahrungen und sind verschieden religiös geprägt. Trotzdem war es ein schönes Miteinander und alle haben sich gegenseitig beim Lernen unterstützt. „Ich komme aus Ostafrika und trage ein Kopftuch. Mir begegnen im Alltag manchmal Menschen, die darauf negativ reagieren. Im Kurs bei IBS wurde ich von allen immer sehr akzeptiert und wertgeschätzt. Dafür bin ich sehr dankbar.“

Praktische Erfahrungen neben der Kursteilnahme

Während des Kurses hat Frau Ahmed Dhore bereits ehrenamtlich im Psychosozialen Zentrum der AWO immer samstags 4-5 Stunden mitgearbeitet. Am Anfang war es eine Herausforderung mit den Krankheiten der Menschen umzugehen. Manche der Bewohner*innen im Pflegezentrum sind dement oder haben andere psychische Erkrankungen. Da brauchte es Zeit, Vertrauen aufzubauen. „Ich habe immer viel Unterstützung von den Mitarbeitenden hier im Pflegezentrum erhalten. Alle waren von Beginn an sehr nett und haben mir mit ihrer Erfahrung geholfen, mich in meine Aufgaben einzuarbeiten. In Somalia hatte ich keine Möglichkeit, einen Beruf zu lernen und hatte dort keine Perspektive für meine Zukunft. Jetzt habe ich mit der Arbeit in der Pflege wieder Hoffnung für mein zukünftiges Leben gefunden.“

Die Aufgaben sind vielfältig. Dazu gehört Unterstützung beim Waschen und Duschen, beim Essenreichen, Blutdruck und Zucker messen, beim Aufstehen, beim Rollstuhlfahren oder Zähneputzen. Als größte Herausforderung sieht Frau Ahmed Dhore die Dokumentation der Pflegeakten am Computer. „Das ist sehr neu für mich. Da habe ich zwar schon viel gelernt, aber ich muss mich hier noch verbessern.“

Berufliche und soziale Teilhabe braucht Sicherheiten

Für Frau Ahmed Dhore war der Start in Thüringen nicht leicht. Inzwischen hat sie eine Aufenthaltserlaubnis über die Härtefallkommission bekommen. Viel Unterstützung gab es hier von Frau Landmann, vom Einrichtungsleiter Herrn Weise und von den Mitarbeitenden der Geraer Migrationsberatungsstelle der Diakonie. „Ich hatte zwischendurch große Angst, dass ich nach Italien zurückgebracht werde. Ich bin jetzt sehr froh, dass ich meinen Aufenthalt bekommen habe.“ Nun wartet sie noch auf die Erteilung der Arbeitserlaubnis, um als angestellte Pflegehilfskraft im Psychosozialen Zentrum der AWO arbeiten zu können. [Anm. der Redaktion: Normalerweise kann die Ausländerbehörde die Arbeitserlaubnis während der Klärung durch Härtefallkommission geben. Warum dies hier nicht geschehen ist, ist noch in Klärung.] Frau Ahmed Dhore fühlt sich in Gera sehr wohl und möchte gern weiter hier leben. „Ich kenne viele, die nach drei Jahren aus Thüringen weggezogen sind, aber ich möchte nicht umziehen. Viele Menschen hier in der Stadt haben mir sehr geholfen und ich möchte in Zukunft auch Menschen unterstützen, hier anzukommen.“ Neuen Menschen in Thüringen rät sie, schnell Möglichkeiten zu suchen, soziale Kontakte zu knüpfen. „Ich empfehle allen außerdem einen Pflegeberuf zu lernen, weil es eine sehr schöne Arbeit ist und man viele gute Erfahrungen macht.“

(Januar 2023)

Malyun Ahmded Dhore bei der Arbeit im psychosozialen Zentrum in Gera (Foto nachgestellt)

Gespräch mit dem LAT-Projekt "Wege in die Pflege"

Ein holpriger Start

Der erste Kontakt zwischen dem Projekt „Wege in die Pflege“ und Malyun Ahmed Dhore kam über die Integrationsbeauftragte der Stadt Gera, Nicole Landmann, zustande. Frau Ahmed Dhore wollte unbedingt eine Arbeit finden, bei der sie Menschen helfen kann und hat sich dann für die Pflege entschieden. Frau Landmann kannte zum Glück das LAT-Projekt Wege in die Pflege (WiP) und setzte sich mit den Projektmitarbeiter*innen in Erfurt in Verbindung.

„Als Projekt hatten wir tatsächlich erst kurz vor Kursstart direkten Kontakt zu Frau Ahmed Dhore, die Vorabsprachen liefen alle über Frau Landmann, die sich sehr für sie einsetzte“, sagt Stefan Tinkhauser, Sozialpädagoge bei Wege in die Pflege.

Die Monate vor Kursstart liefen für alle Beteiligten sehr holprig ab, da Frau Ahmed Dhore noch auf die Genehmigung der Ausländerbehörde wartete, um am Kurs teilnehmen zu können. Die Ausländerbehörde ihrerseits wollte die Genehmigung erst nach Einreichung ihres Antrags bei der Thüringer Härtefallkommission aussprechen. Am Ende hat es zeitlich aber doch gereicht, so dass Frau Ahmed Dhore Anfang März 2022 mit dem Kurs beginnen konnte.

Neben dem WiP-Kurs, der täglich von 08:30 bis 15:15 Uhr stattfindet, hat Frau Ahmed Dhore an den Samstagen noch ehrenamtlich im psychosozialen Zentrum der AWO in Gera gearbeitet. Bei der Bewerbung für das Ehrenamt unterstütze sie das WiP-Projekt. „Da hatte Frau Ahmed Dhore natürlich wenig Freizeit. Zusätzlich ist sie unter der Woche ja auch täglich mit dem Zug zwischen Gera und Erfurt gependelt. Sie hat da einen starken Ehrgeiz und Durchhaltevermögen an den Tag gelegt“, so Stefan Tinkhauser.

Malyun Ahmed Dhore hat ihr Potential voll ausgenutzt

Im Kurs überzeugte Frau Ahmed Dhore dann durch ihre Zuverlässigkeit und Selbstständigkeit. „Selbst wenn sie krank war oder wegen wichtiger Termine erst später zum Kurs erscheinen konnte, hat sie immer direkt die Infos aus dem Kurs eingefordert, was besprochen wurde und wo sie schon etwas nachlesen kann. Da war die Leidenschaft für das Lernen und den Pflegeberuf an sich von Anfang an sichtbar“, erinnert sich der Sozialpädagoge.

Das 5-wöchige Praktikum absolvierte Frau Ahmed Dhore dann ebenfalls im psychosozialen Zentrum in Gera. „Wir hatten schon sehr hohe Erwartungen an sie als Person. Beim ersten Sichtbesuch im Praktikum gab es noch Anfangsschwierigkeiten. Ihr volles Potential hat sie erst ein paar Wochen später gezeigt und dann ja auch die praktische Prüfung mit 1,0 bestanden. Man darf dabei nicht vergessen, dass die Bewohner*innen in einem psychosozialen Zentrum noch einmal andere Herausforderungen mitbringen als die in einem Seniorenheim.“

Den Kurs hat Frau Ahmed Dhore im Dezember 2022 dann auch mit Bravour abgeschlossen.

Die letzten Schritte vor Arbeitsbeginn

Der Einrichtungsleiter des psychosozialen Zentrums in Gera wollte Frau Ahmed Dhore mit ihrem Abschluss auch direkt einstellen, leider war der Härtefallantrag noch nicht entschieden und sie hatte noch keine Arbeitserlaubnis. „Wir freuen uns sehr für sie, dass der Antrag jetzt positiv beschieden wurde.“ (Anm. d. Red.: eine Woche vor diesem Interview).

Für Stefan Tinkhauser haben die Einrichtungen auch einen maßgeblichen Anteil an solchen Erfolgen: „Für viele Arbeitgeber*innen ist das Sprachniveau ein entscheidendes Kriterium. Aber das ist ja nur ein temporäres Problem. Und nur, weil jemand noch nicht perfekt deutsch spricht, heißt das ja nicht, das die Person die Arbeit nicht genauso gut macht.“

Für Frau Ahmed Dhore wünscht sich Stefan Tinkhauser, dass sie bald ihren Arbeitsvertrag unterschreiben darf und endlich das selbstbestimmte Leben führen kann, dass sie sich wünscht.

(Januar 2023)

Gespräch mit dem psychosozialen Zentrum der AWO in Gera

Die herausfordernde Arbeit im psychosozialen Zentrum

Die ehrenamtliche Tätigkeit im psychosozialen Zentrum in Gera war für Malyun Ahmed Dhore der ideale Einstieg in die Arbeitswelt. So konnte sie sich nach und nach in den Alltag und den Umgang mit den Bewohner*innen einfinden. „Das Klientel kennenzulernen ist bei uns sehr wichtig, da wir kein reguläres Altenheim sind, sondern eine Einrichtung für psychisch erkrankte pflegebedürftige Menschen. Damit muss man auch zurechtkommen, aber Frau Ahmed Dhore hat das wirklich gut hinbekommen“, so Michael Weise, der Einrichtungsleiter.

Auch Simone Richter, Pflegefachkraft, ist sehr zufrieden, wie sich Frau Ahmed Dhore in den Umgang mit und die Gewohnheiten der Bewohner*innen eingearbeitet hat: „Wir haben eine Bewohnerin, die durch ihre Erkrankung sehr antriebsarm und nur schwer aus dem Bett zu bekommen ist. Malyun hat das zu ihrer Sichtstunde aber gut geschafft. Am Ende haben die beiden sogar noch zusammen Sport gemacht. Da stand ich auch daneben und habe erst einmal gestaunt. Das ist das, was sich Malyun selbst erarbeitet hat: Das Vertrauen und die Bindung zu den Bewohnern. Das ist in unserer Arbeit ganz zentral.“

In der Einrichtung in Gera kam es auch zu bösen Kommentaren durch Bewohner*innen mit Vorurteilen. Aber dem hat die Einrichtung direkt einen Riegel vorgeschoben. „Als Team und als Einrichtung sagen wir da ganz klar, dass wir das nicht dulden. Wir brauchen hier einen anständigen Umgang. Das ist für uns als AWO selbstverständlich und auch als Menschen“, bekräftigt Michael Weise.

Neue Erfahrungen auch für die Einrichtung

Das Praktikum im psychosozialen Zentrum hat Frau Ahmed Dhore gut gemeistert. Durch ihre offene und aufgeschlossene Art habe sie sich schnell ins Team eingefügt, berichtet Simone Richter, und auch die sprachlichen Barrieren waren ein kleineres Problem, als sie zunächst befürchtet hatte. „Malyun hat sich immer direkt bemerkbar gemacht, wenn sie etwas nicht verstanden hat. Dadurch gab es kaum Probleme“, sagt sie.

Im psychosozialen Zentrum ist Frau Ahmed Dhore nicht die erste Kollegin mit Migrationserfahrung. Allerdings hat die Einrichtung bei ihr zum ersten Mal miterlebt, wie herausfordernd die bürokratischen Vorgänge sein können. „Für Frau Ahmed Dhore nehmen wir jetzt auch unseren AWO Integrationsdienst in Anspruch, um uns zu unterstützen. Man sieht da sehr deutlich die Hürden, vor allem wenn es um eine Arbeitserlaubnis geht. Das ist unglaublich zeitraubend. Und wir halten die Stelle momentan auch für Frau Ahmed Dhore frei“, berichtet Michael Weise.

Trotz aller Herausforderungen würde Herr Weise diesen Weg aber wieder gehen: „Es gibt kaum noch Menschen, die in der Pflege arbeiten möchten und wir haben mit Frau Ahmed Dhore wirklich gute Erfahrungen gemacht.“

Wenn die Arbeitserlaubnis dann vorliegt, kann es für Malyun Ahmed Dhore endlich losgehen. Dann heißt es für sie, sich in den Arbeitsalltag als Pflegehelferin einzufinden, denn es warten nicht nur neue Aufgaben auf sie, sondern auch die Herausforderung von Schichtdiensten und Wochenendarbeit. In der Einrichtung ist man sich jedoch sicher, dass sie auch das gut meistern wird.

(Januar 2023)

Dieser Text wurde automatisch übersetzt.