Siljana und Migena Bastri
20 und 24, Bad Lobenstein
Gott sei Dank hat sich unser Wunsch erfüllt, dass wir in Deutschland leben und unsere Ausbildung als Krankenschwester fortführen dürfen.
Gespräch mit Migena und Siljana Bastri
Durch gute LAT-Netzwerkarbeit in den Pflegeberuf
Migena (24) und Siljana (20) Bastri leben nun seit fast 2 Jahren in Deutschland. Als die albanischen Schwestern gemeinsam mit ihren Eltern Ende 2022 nach Wurzbach im Saale-Orla-Kreis zogen, war ihnen bewusst, dass es ein schwerer Weg werden würde, in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Albanien gehört zu den sogenannten sicheren Herkunftsländern, die Chancen auf Asyl waren demnach nicht sehr gut.
Die beiden Schwestern haben Unterstützung für ihren Integrationsweg gesucht und sind durch die Cousinen ihrer Eltern auf das LAT-Projekt Jobmanager Saale-Orla-Kreis aufmerksam geworden. Mit der Sprache hatten Migena und Siljana Bastri nur zu Beginn Schwierigkeiten. Bereits 2016 war die Familie in Deutschland eingereist. Zunächst konnten die Schwestern die 6. und 7. Klasse in einer Thüringer Schule besuchen. Der damalige Asylantrag wurde allerdings abgelehnt, sodass die Familie zurück nach Albanien musste. Dort haben sie gar kein Deutsch mehr gesprochen, aber nach der ersten Zeit zurück in Deutschland, haben sie sich gut an die Sprache erinnert.
„Bei den Jobmanagern waren wir regelmäßig, wenn wir einen Termin bekommen haben. Sie haben uns von Anfang an geholfen, was meine Eltern jetzt tun sollen und was wir jetzt machen sollen“, erzählt Migena Bastri.
Ralf Thomala, Projektmitarbeiter bei den Jobmanagern SOK, hat den Schwestern dann auch das LAT-Projekt Wege in die Pflege (WiP), einem 9-monatigen Grundqualifizierungskurs zur Pflegehilfskraft, in Erfurt vermittelt. Das Themenfeld war für die zwei neu, aber sie suchten vor allem eine Ausbildung, die ihnen die Chance eröffnet, dauerhaft in Deutschland bleiben zu können.
Erste Praxiserfahrungen in der Pflege
Zum WiP-Projekt gehört auch ein zweiwöchiges Vorpraktikum, damit die Teilnehmer*innen bereits im Vorfeld wissen, ob der Pflegeberuf etwas für sie ist. Migena und Siljana Bastri haben ihr Praktikum in der Diakonie-Tagespflege absolviert. „Der Anfang war schon schwer, weil da auch Wörter dabei waren, die ich gar nicht kannte“, erzählt Siljana, „ich habe hier ja nie einen Deutschkurs gemacht. Ansonsten war die Arbeit gut, man lernt viel Neues.“
Leider blieb für eine der Schwestern die Erfahrung mit einem vorurteilsvollen Kollegen nicht aus. Dafür waren die älteren Patient*innen sehr nett und offen, was die jungen Schwestern positiv überrascht hat. Auch das längere Praktikum während des WiP-Kurses hat Siljana und Migena gut gefallen. „Das haben wir beide in der ambulanten Pflege gemacht. Das macht viel mehr Spaß, da kann man viel Verschiedenes arbeiten.“
„Der Zug war wie eine zweite Wohnung“
Den Kurs Wege in die Pflege haben die Schwestern dann mit sehr guten Ergebnissen gemeistert. Ihre größte Herausforderung sei die Anfahrtstrecke gewesen. „Wir haben ja in Wurzbach gelebt, das ist eine Zugfahrt von zwei Stunden hin und zwei Stunden zurück, das war sehr anstrengend und wir mussten ja viel lernen“, erzählt Siljana Bastri.
„Der Zug war wie eine zweite Wohnung“, lacht Migena Bastri, „wir haben da gelernt und auch geschlafen“.
Die anderen Teilnehmer*innen im Kurs wurden zu einer Art zweiten Familie. „Wir haben zusammen gelernt, gegessen, gespielt und gearbeitet. Sie waren alle sehr lieb zu uns und wir haben sogar unsere Geburtstage zusammen gefeiert“, erinnert sich Migena Bastri. Auch mit den Dozent*innen und dem Sozialpädagogen Stefan Tinkhauser hatten die beiden durchweg positive Erfahren. „Es hat uns einfach sehr gefallen, sie haben uns immer geholfen, bei jedem Problem konnten wir zu ihnen kommen“.
Zum ersten September beginnen Migena und Siljana Bastri nun endlich ihre Ausbildung zur Pflegehilfskraft, um sich auf die Ausbildung vorzubereiten haben sie auch extra an dem Kurs Fias (Fit in Ausbildung und Schule) am IBS teilgenommen. In dem Kurs werden die Teilnehmer*innen über sechs Wochen in den Fächern Deutsch, Mathe, Englisch sowie Wirtschaft und Soziales auf die Ausbildung vorbereitet. Somit haben sie die besten Voraussetzungen.
Während der Zeit im IBS-Kurs bekamen Migena und Siljana auch sehr viel Unterstützung von Theresa Frank, Beraterin im Projekt Bleibdran+ beim IBS. „Frau Frank hat uns sehr geholfen bei allen Schritten für die Härtefallkommission. Das hätten wir alles ohne sie nicht geschafft und dafür sind wir sehr dankbar“, berichtet Migena Bastri. Auf die Entscheidung der Kommission mussten die beiden lang warten. „Nach 6 Monaten bekamen Siljana und ich die positive Antwort, dass wir einen Aufenthalt für zwei Jahre bekommen. Gott sei Dank hat sich unser Wunsch erfüllt, dass wir in Deutschland leben und unsere Ausbildung als Krankenschwester fortführen dürfen“.
Das Ankommen in Thüringen fällt den jungen Frauen dennoch nicht leicht. „In Wurzbach gibt es ja nicht viel. Bad Lobenstein ist da anders. Aber ohne Auto ist es in Wurzbach schwer, weil nur alle zwei Stunden Busse oder Züge fahren, da kann man sich gar nicht integrieren“, sagt Migena Bastri.
Für ihre Zukunft wünschen sich Migena und Siljana Bastri natürlich ihre Ausbildung erfolgreich abzuschließen und dann würden sie am liebsten noch die Ausbildung zur Fachkraft machen und arbeiten. Wohnen wollen die beiden zukünftig nicht in Wurzbach und da beiden die ambulante Pflege am besten gefällt, steht für sie auch noch der Führerschein auf der Wunschliste.
Ihre jetzige Aufenthaltserlaubnis haben sie unter anderem dem Ausbildungsplatz zu verdanken, für ihre Eltern sieht es schwieriger aus, da die Ausländerbehörde ihnen keine Arbeitserlaubnis erteilt.
Gespräch mit dem LAT-Projekt Jobmanager Saale-Orla-Kreis (Diakoniestiftung Weimar Bad Lobenstein gGmbH)
Hohes Engagement und viel Ausdauer trotz schlechter Aussichten
Im November 2022 kamen Migena und Siljana Bastri gemeinsam mit den Eltern und viel Hoffnung in einer scheinbar aussichtslosen Situation zum LAT-Projekt Jobmanager SOK nach Bad Lobenstein. Ralf Thomala, Berater bei den Jobmanagern, war sofort aufgefallen, wie engagiert die beiden Schwestern waren und dass sie sehr gut Deutsch sprechen konnten. So erinnert sich Ralf Thomala an die erste Begegnung: „Die Mädchen brachten einen Zeitungsartikel von 2016 aus der OTZ mit, wo über sie als positive Beispiele für gelungene Integration mit sehr guten Sprachkenntnissen berichtet wurde. Das war schon zu Beginn sehr interessant“.
Das große Problem für Migena und Siljana war, dass die Familie bereits das zweite Mal eingereist war und Asyl beantragt hatte. Das erste Asylgesuch wurde 2016 abgelehnt und die Familie ausgewiesen. Die Familie reiste wieder ein und es wurde erneut Asyl beantragt. „Da hatten wir sehr schlechte Karten“, berichtet Ralph Thomala. „Ich habe dann überall recherchiert, ob wir irgendwo einen Ausbildungsplatz für Migena und Siljana finden können.“
Beide konnten sich eine Ausbildung im Pflegebereich gut vorstellen, weil der Bedarf an Pflegefachkräften groß ist und somit auch die Aussicht auf Ausbildungsplätze. Migena und Siljana wohnen mit ihren Eltern in Wurzbach, einem kleinen Ort in der Nähe von Bad Lobenstein. Die Verkehrsanbindung im ländlichen Raum ist oft unzureichend, einen gut erreichbaren Ausbildungsbetrieb zu finden, nicht immer einfach.
Die beiden Schwestern waren dennoch fest entschlossen den Berufsweg in die Pflege einzuschlagen und haben sich mit Unterstützung von Ralf Thomala für den Kurs „Wege in die Pflege“ (WiP) beim IBS in Erfurt angemeldet. Das bedeutete neun Monate lang jeden morgen früh um 06:00 Uhr mit dem Zug nach Erfurt zu fahren und abends 18:00 Uhr zurückzukommen. Migena und Siljana haben die Hürde auf sich genommen und den Kurs erfolgreich beendet.
Die Mühen haben sich gelohnt
Migena und Siljana mussten vor und während des WiP-Kurses Praktika in der Pflege absolvieren. Durch die Anbindung des LAT-Projekts an die Diakonie wurden für beide in Wurzbach und Bad Lobenstein schnell Plätze gefunden. Zuvor mussten immer wieder Anträge zur Genehmigungen an die Ausländerbehörde gestellt werden. Zahlreiche Gespräche mit der Behörde waren ebenfalls nötig, um die Zusage für eine Ausbildung zu erhalten. Wir haben bestimmt genervt und immer wieder nachgebohrt, beschreibt Ralf Thomala die damalige Situation. „Meine Kollegin Frau Gersdorf und ich haben uns gesagt, jetzt haben wir es angefangen, jetzt wollen wir das auch erfolgreich zu beenden.“ Die neue Richtlinie, dass auch „Pflegehelfer“ als systemrelevanter Beruf eingeordnet wurde, gab uns zusätzlich Ansporn. Irgendwann gab es dann auch die Zustimmung, dass man nochmal ins Gespräch kommen könne, wenn ein Ausbildungsplatz in Aussicht stünde. Parallel wurde ein Antrag bei der Härtefallkommission gestellt. Unterstützung erhielten die beiden Schwestern hierbei auch von Theresa Frank aus dem Projekt BLEIBdran+ beim IBS.
Schritt für Schritt in die Ausbildung
Im nächsten Schritt musste also ein Ausbildungsplatz gefunden werden. Auch hier war Mobilität wieder ein Problem, da die Wege zu den meisten Berufsschulen wieder sehr weit gewesen wären. Glücklicherweise hat die Diakonie für Ihre Auszubildenden Verträge mit bestimmten Pflegeschulen. Dazu gehört die Medizinische Fachschule in Saalfeld, die von Wurzbach aus auch relativ gut erreichbar ist. Dann mussten Bewerbungen und Anträge geschrieben werden. Für jedes Praktikum und berufliche Tätigkeit muss ein Antrag bei der Ausländerbehörde gestellt werden und es braucht eine Bescheinigung vom Arbeitgeber. Das Pflegeheim für die Ausbildung befindet sich in Ebersdorf. Da man von Wurzbach im Schichtdienst nur sehr schlecht nach Ebersdorf kommt, brauchte es natürlich noch eine Wohnung. Da sich Siljana und Migena noch im Asylverfahren befanden, musste bei Asyl-Sozialleistungen vom Landratsamt eine Genehmigung beantragt werden. Eine kleine Wohnung wurde im Seniorenheim „Emmaus“, dem zukünftigen Ausbildungsort von Siljana, gefunden. Die Wohnung konnte mit Möbeln aus einem Spendenlager der Diakonie ausgestattet werden. Es war natürlich für alle eine große Freude, als Migena und Siljana dann das positive Ergebnis der Härtefallkommission erhalten haben. „Was sie für einen Aufwand betrieben haben, ist wirklich beeindruckend.“ Beide haben auch nach ihren Praktika ehrenamtlich in Bad Lobenstein und Wurzbach in Pflegeinrichtungen weitergearbeitet, um mehr Erfahrungen zu sammeln.
„Ich finde es sehr schade, dass ich die beiden ab dem 31.07. nicht mehr betreuen darf, da dann beide durch den Aufenthaltstitel in den Rechtskreis des SGB II wechseln“, bedauert Ralf Thomala. „Natürlich ist über die Jahre eine Bindung gewachsen. So geht es uns mit allen Ratsuchenden, die den Rechtskreis wechseln und dann nicht mehr zu uns in die Beratung kommen dürfen. Viele verstehen das natürlich nicht und klopfen trotzdem immer wieder an unsere Tür.“
Der langjährige Berater der Jobmanager ist sich sicher, dass Migena und Siljana ihren Weg erfolgreich gehen werden. „Besonders freuen würde es mich natürlich, wenn die beiden nach ihrer Ausbildung hier in der Gegend bleiben würden. Die meisten jungen Menschen zieht es meistens dann doch in die Städte.“